Lia und Loo sind Rentner. Die haben kein Zeitlimit. Wandern mal 15 oder 20 km. Sind von zu Hause aus bis nach Namur gewandert und sind dann wieder nach Hause gefahren. Jetzt sind sie von Vezelay gestartet. Das ist in der Bourgogne ein klassischer Sammel oder Startpunkt, gerade aus Deutschland. Bin aber hier bisher keinem Deutschen begegnet. Vielleicht ergibt sich das noch. Catherine aus Avignon ist auch in Vezelay gestartet. Ich glaube nicht das es ihre erste Wanderung ist. Sie ist auch bereits ein älteres Semester. Ich bin hier wohl der jüngste. Ich hab mir das schon gedacht, als ich gehört habe, das drei weitere Pilger erwartet werden. Da wird die "Jugend Europas" zusammen kommen. Catherine der Prüferin könnte ich ganz offen über Frankreichs jüngere Geschichte reden. Sie sagte es gebe was Indochina und ganz besonders den Algerienkrieg angeht viele Tabus. Auch ärgert sie es, als Tochter eines Resistance Kämpfers, das alle auf einmal in der Resistance gewesen sein wollen. Ein sehr aufschlussreiches Gespräch. Ein Nachteil hat so ein gemütlicher Abend. Ich hatte keine Zeit mehr für einen Bericht.
Von Vierzon nach Issoudun, 37 km, reine Gehzeit 7, 45 Stunden, heiter zunehmende Bewölkung, böiger Wind, Lufttemperatur höher, 11 bis 16 Grad
Orte: Vierzon, Mereau, Lury sur Arnon, Chery, Reuilly, La Ferte, Mignyv und Issoudun.
Eigentlich klappte alles am Schnürchen. Ich bin früh hoch, gefrühstückt und die Sachen ein gepackt. Ich war dann um 8:15 Uhr draußen. Wieie vereinbart habe ich den Schlüssel in den Briefkasten geworfen. Dann ging es los. Moment mal , wo ist die Muschel? Also zurück und Chrisitne Marie aus dem Bett geklingelt. Ich hatte bestimmt dreimal an Muschel gedacht. Hat aber nicht geholfen. Hat mich mal wieder Zeit gekostet . ebenso der Wagen, der nicht so wollte wie ich. Als die Probleme beseitig waren, ging es endlich los.
Erst durch die Vororte entlang der Landstraße. Hinter dem Ort Mereau hatte ich ich keine Lust mehr auf Straße und wich auf einen Feldweg aus der mich nach Lury sur Arnon führte. Von da aus ging über Chery nach Reuilly. Die ganze Strecke war jetzt schon abwechslungsreicher als am Vortag. Dabei nicht weniger anstrengend oder etwa kürzer. Es gab halt alle Paar km eine Änderung des Weges und etwas Neues zu sehen. Bei La Ferte ging es dann Richtung Chateau La Ferte. Das war so eindrucksvoll das ich euch das Schloss in einer langen Video Sequenz zeigen wollte. Man sollte dann aber auch auf den Aufnahmeknopf drücken. Schade. Für einen zweiten Versuch hatte ich keine Zeit.
Darauf ging es einen einsamen Weg namens Bois der la Mouc entlang, nur das keine Wald war und auch keine Mouc, was immer das ist. Nach einer ganzen Weile ging es über eine Wiese, was nicht meine ungeteilte Fürsprache fand. Der Wagen ist dann so schwer zu ziehen.
Danach ging das es relativ schnell über kleine Landstraßen Richtung Issoudun. Die Landschaft ist hier so, das ich bereits 8 km vorher die Kirchturmspitzen sehen konnte. Das ist eher ungewöhnlich auf so große Distanz. Das spornte mich nur mehr an. Die Zeit verging wie im Flug. Nach ich weiß es nicht mehr genau, ich schätze aber mal, 1 1/2 Stunden, war ich in Issoundun und am Quartier.
Das Haus schien mir eher groß. Auf mein klingeln hin, riss Jemand das Fenster auf und rief er käme zum Gartentor. Das kam so unerwartet, das ich mich heftig erschrak. Am Tor wurde ich wieder einmal von Hunden "begrüßt". Jean der Mann, wie er sich später vorstellte, hatte die Hunde mehr als im Griff. Die beiden Jagdhunde und der Mischling waren aber eh von der harmlosen Sorte. Jean half mit den Wagen in der Garage zu verstauen. Dann lernte ich Catherine seine Frau kennen die eigentliche Jakobswegverrückte. Dann ging es hoch aufs Zimmer. Da waren bereits drei andere Gäste. Lia und Loo aus den Niederlanden und eine weitere Catherine aus Avignon.
Mir blieb als letzten nur das obere Bett. Das Zimmer war mit drei Stockbetten ausgerüstet. Da ich noch was am Wagen vergessen hatte , ging ich noch mal runter, holte mir bei der Gelegenheit ein Bier und trank es draußen auf der Bank. Ich freundete mich dabei mit einer der Hunde an.
Danach ging es unter die Dusche. Um 20 Uhr gab es Abendessen. Erst einen Aperitif, dann eine, ich vermute Brenneselsuppe, einen Linsensalat , Huhn auf Gemüse mit Kartoffeln, eingelegte Kirchen und zum Abschluss verschiedenerlei Käse, von den wir in Deutschland noch nicht Mal gehört haben, geschweige denn gegessen. Dem Rotwein wurde auch zugesprochen. Catherine macht so ziemlich alles selber,was ihr Garten hergibt . Marmeladen, Sirup für Getränke etc.. Wir hatten uns viel zu erzählen, fragten uns gegenseitig aus.
Lury sur Arnon
Chateau La Ferte
Es wurde dann aber noch mal lustig. Als ich von der Wiese in ein kleines Waldstück einbog, sah ich 10 Meter von mir entfernt am Waldrand, mitten auf den Weg ein dralles kleines braune Wesen sich in einer Pfütze sulte. Es war kein Hase, kein Eichhörnchen oder irgendwas Anderes, es war das Kind meines Endgegners. Vor meinem geistigen Auge, sah ich die Wildsau bereits aus dem Gebüsch brechen. Ich weiß nicht woher ein einzelner Frischling herkam, war mir auch egal. Ich war sehr schnell, 30 bis 40 Meter weit weg, das könnt ihr mir glauben. Was tun? Es gab keinen anderen Weg. Also schlug ich mit den Stöcken auf einander und sang laut Wanderlieder. Jetzt sollte auch das dümmste Schwein begriffen haben, das da wer im Anmarsch ist, wenn sie sich nicht totgelacht haben.
Man kann schon Issoudun im weiten erkennen